Gedanken
> Zitate

Bei allen Zitaten aus
den zum Teil unveröffentlichten Tagebüchern Max Ackermanns wurde
seine Orginalschreibweise unter Beibehaltung orthographischer und grammatikalischer
Fehler übernommen.
JUGEND
UND AKADEMIE
"Ich muß
vor allem darauf besorgt sein, daß die Arbeit nutzbringend ist und
ein neues Werk ist. denn schon dagewesenes ist der Veröffentlichung
nicht wert.... Es leben viele Bilder in meinem Kopf.. . "
Max Ackermann Unveröffentlichtes
Tagebuch 1905-1909
". . . da fand
ich dann, daß das technische Vorgehen in der Malschule Stuck einfach
unmöglich war... Und daraufhin habe ich dem Geheimrat Professor Ritter
Franz von Stuck einen bösen Brief geschrieben, einen kurzen Brief,
aber doch einen sehr bösen Brief. Ich habe ihm erklärt, warum
ich seine Malschule nicht mehr besuchen kann, und habe ihm auch erklärt,
daß ich sehr von Marees immer aufs neue beeindruckt war... "
Max Ackermann Verstreute
Schlitten, Frankfurt 1972, S. 40.
STUDIENJAHRE
"Es schlichen
sich Sportthemen ein meine Mitgliedschaft beider Leichtathletik bei Kickers.
Modelle als Diskuswerfer Läufer. Die Besinnung brachte mir Nacktkultur,
Schwimmen. Luftbadende im Mineralbad Berg zeichnete ich. . . . "
Max Ackermann:
Unveröffentliches Tagebuch 1975
"Ein Anziehen und ein Sichentfernen, Einkreisen, eine nach oben,
eine nach unten sich vollziehende gemeinsame Bewegung. Ein Laufen und
Toben und zuletzt ein lautes Stampfen, Triumph der Bewegung".
Max Ackermann:
Verstreute Schriften, Frankfurt 7972, S. 38.
"Hatte ich eine gewisse Erkenntnis gewonnen, so habe ich diese einer
gegenständlichen Gestaltung nutzbar gemacht. Der Gegenstand war an
mein Leben gebunden, der abstrahierende Teil zu solcher Gestaltung an
das Wissen um Farbe und Form . . . "
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1964
"Meine Erkenntnisse um die Mittel baute ich allen Erlebnissen ein:
Soziales, Sport, Landschaft, Stilleben. Jedesmal gab es gegenständliche
Abschriften und daneben abstrakte Farbformschlüssel..."
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch, undatiert
FRÜHE ABSTRAKTION
"Seit 1912 mal
ich gegenständlich und ungegenständlich zu gleicher Zeit. Die
ungegenständlichen Bilder waren für mich Orientierungen im Bereich
des Kontrapunktes.
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1964
"Großformen werden leis gestuft, kleine Formen zu feurigen
Fanfaren als bedeutendes Aussageelement herausgestellt.
Kleine Klangsplitter können simultan veredelt werden."
Max Ackermann:
Verstreute Schriften, Frankfurt 1972, S. 25/26.
"Freuen wir uns, daß die Kunst keinen Zweck mehr hat.
So hat sie auch keinen Vormund mehr und kann in absoluter
Freiheit sich entfalten. Nur das Zeitalter der zwecklosen
Kunst konnte uns die absolute Kunst bringen."
Max Ackermann Unveröffentlichtes
Tagebuch 1930 40
"Wenn das Abbild eines Menschen von den Malern nicht mehr geschätzt
wird, rückt um so mehr der innere Mensch in das Blickfeld der Gestaltung.
In solchen Gestaltungen kann sich der Mensch finden, er wird zum Teilnehmer.
Ein Sinnbild vom Menschen von hohen künstlerischen Qualitäten
kann vereinzelte, begnadete Menschen beglücken und stellt die Rettung
zerbröckelnder Kulturreste dar. r
Max Ackermann:
Verstreute Schriften
VERISMUS UND NEUE SACHLICHKEIT
"So habe ich
etwa 1917 Kunst als Selbstzweck zu zerstören versucht. Ich hielt
Malerei für überflüssig und wandte mich in den Zeichnungen
sozialer Anklage zu . . . Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wurden Halbgötter.
Ich stellte meine Zeichenkunst in den Dienst kommunistischen Bewegung."
Max Ackermann Unveröffentlichtes
Tagebuch 1975
"Die Satyre ist ätzend, kritisch, ist graphisch literarisch
. ... Merkwürdig ist, daß die Kontrafront beim Betrachter erzeugt
wird. Somit war der Entwicklungsprozeß des Gegenständlichen
ganz normal. Ich will Kontrafront, denn nur durch sie erzielt man Tendenz
aber ich male sie nicht, sondern lasse sie im Betrachter aufsteigen....
Somit muß man bei [der] Bildkonzeption immer an die Kontrafront
denken, also an das, was beim Betrachter entstehen soll. Also: Keine mitleidige
Handlung. Sondern: Eine Front addieren, die die Kontrafront "Mitleid"
im Auge der Betrachter entstehen läßt. "
Max Ackermann:
Tagebuch 1926, in: Ausstellungskatalog "Ich male, was ich muß
l" Max Ackermann Tendenzkunst 1919 1929, Marbach/Stuttgart 1993,
S. 70/71.
". . . Kritik verrät Einstellung, die dem Bildbetrachter unangenehm
sein kann. Im Unangenehmen würde die Erziehung zu gleicher Einstellung
liegen. Mit welchem Recht aber kann ich sagen, daß nur meine Einstellung
die alleinseligmachende ist? Die Kommunisten glauben das. Der Kampf gegen
Kleinbürgerlichkeit und Kapitalismus ist einseitig... Vollmenschentum
muß da sein. Und das ist Gnade. Und der Begnadete wird mild sein;
er wird schon Kritik universell gestalten" "... Die Seele der
verkitschten Menschen will ich nicht illustrieren. Also: Kleinbürgerkitsch
nicht illustrieren, sondern Kleinbürger darstellen . . . "
Max Ackermann:
Tagebuch 1926, in: Ausstellungskatalog "Ich male, was ich muß!"
Max Ackermann Tendenzkunst 19191929, Marbach, Stuttgart 1993, S.67 und
S. 70.
TYPISIERUNG DER FIGUR
"Die glücklichen
Jahre nach der Inflation 1924 bis 1933 ließen mich glückliche
Motive finden, die sich mit dem Kontrapunkt deckten . . . "
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1964
"Das Bodensee Erlebnis mit Wasser, Wellen, Luft, Sonne, Sternen,
Schilf, Bäumen, Blumen, Schiffchen, Frauen, Schwänen, Kuckucksrufen,
Glockenläuten aus dem Schwyzerland spukt immer in meinem Kopf und
läßt mich nicht los. Die realen Abschriften dieser herrlichen
Dinge sind ein Gestaltungsbeginn, dann setzt, um zum Bild zukommen, der
Kampf um Dynamik ein. .. ""Klare profilierte, von allem Zufälligen
gereinigte Silhouetten stehen kontrapunktisch geordnet zur freien Spielbegleitung
der Linie. Erlebtes und Innenschau entwickle ich immer aus den Gestaltungsmitteln
. . . "
Max Ackermann Verstreute
Schriften, Frankfurt 1972, S. 13114 und S. 17.
"Ungezählte Formerfindungen im Lauf von fünzig Jahren und
die dazugehörenden Variationsmöglichkeiten, plus hierarchische
Ordnung, ließen mich Ruhe finden, aus der eine Überzeugungskraft
wurde, die mir heute in meinem Alter ein Synthax Thema schenkte. Aus ihm
wurde ein Kanon, dessen Quell immer aufs Neue fließt.
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1965, Max Ackermann Archiv, Stuttgart.
". . . ich erkannte, daß daß der Gegenstand ein Hemmnis
für freie Gestaltung wurde. Ich hob die Musik heraus, lauschte auf
musikalische Gesetze, bis ich endlich eine Verwandtschaft von Malerei
und Musik feststellte. "
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1975
"Der statische Rhythmus verlangt statische Akzentereihen. Der dynamische
Rhythmus ruft zu Akzentfolgen auf, die das Bild zu bewegter Gesamthaltung
drängt. Die Senkrechte ist das Sprechende in statischer Gestaltung,
die Diagonale ist das Sprechende in großer Bewegung. "
Max Ackermann:
Verstreute Schriften, Frankfurt 1972, S, 34.
"Von der realen Zeichnung geht der Gestaltungsweg über die Kontrapunktische
Konstruktion . . . Das heißt: Ordnung schaffen, Raum ohne Perspektive,
bewußte Schonung der Fläche, Bauen nach vorn, Gegensatz von
Kuben zu Linearem, Gestrichenem zu Pointillistischem. Die Mittel geben
ihre Mächte, u. sind zueinander harmonisch u. schön. "
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1930-1940
"In jedem klaren Klangtypus liegt ein bestimmtes Seelisches. Je nachdem
wie der intuitive Einfall ist, tastet sich das Gefühl im Klanghaushalt
zurecht und wählt einen Klangtypus, der eine Klangfärbung ausstrahlt,
die sich mit dem visionär geschauten Einfall deckt. "
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1930-1944
ABSOLUTE BILDFINDUNGEN
"Anfang und Ende
. . . ist die gegebene Fläche, sie diktiert, sie will und soll aufgeschlossen
werden. Den Schlüssel dazu geben uns die Funktionskräfte . ...
Die königliche Geometrie liefert uns die Grundsubstanz (Kreis, Dreieck,
Quadrat). Ein konsequentes Verweben von zweiangenommenen geometrischen
Figuren bringt das klingende Thema, es kann in den Dienst unzähliger
Variationen gestellt werden."
Max Ackermann:
Verstreute Schriften, Frankfurt 1972, S. 25.
"Reales Erlebnis, durch den vollendeten Kontrapunkt ekstatisch vorgetragen,
ergibt eine musikalisch dynamische Gestaltung, eine Synthese, welche auch
der Illusionismus bejahen kann. Diese beruhigende, nicht radikale und
nicht sektorenhafte Gestaltungsauffassung denkt an alle Aufnahmeorgane
des Beschauers. Sinnesfreude am Sujet, Gefühl und Intellekt werden
gleichmäßig befriedigt..
Max Ackermann:
Verstreute Schriften, Frankfurt 1972, S 14
"Meine wesentliche Arbeit in 50 Jahren: Ein Malerleben zeichnet unaufhörlich,
nachdem die Zeit der Anklage verklungen war (1924) Hymnen über den
Menschen, Hymne dem Morgen, dem Abend, Hymne an die Freude, dem unbekannten
Gott. Hymnen immer und ewig dem Kosmos. "
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1965
"Die Nahrung war herber als der Bodensee, ich mußte oft den
Atem anhalten . . . Die Provence brachte mir die Vorahnung vom Begriff
"Urre; ich suchte dort die Urpflanze . . . "
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch, undatiert
". . . Formen, erster und zweiter Größe kommen von weit
her und können sich ungezählte Male, je nach Schwungkraft der
Augen vom Beschauer außerhalb der Bildbegrenzung zu monumentalen
Kraftfeldern zusammenschließen..." Kraftfelder können
sinnbildlich zwei Kontinente sein, die am entscheidenden Platz im Bild
sehr nahe aneinander heranrücken..." "Beide kontrastierenden
Kraftmassen . . . durchdringen sich, steigern sich gegenseitig, bringen
größtmögliche Harmonie, Einheitlichkeit, Geschlossenheit
und versinken in ein Geheimnis. "
Max Ackermann Verstreute
Schriften, Frankfurt 1972, S. 21 und S. 22.
"Die Entwicklung des Form Farb Themas aus Urform und Urfarbe, dazu
als Gegenthema, den Kampf der Themen, die Variationen und Auflösungen
um eine starke Harmonie nenne ich den Kontrapunkt.
Max Ackermann:
Verstreute Schriften, Frankfurt 1972, S.12.
"Ich gehe von den Mitteln aus und lasse hineinfließen, was
in mir ist. Die Hierarchie der Gestaltungskräfte habe ich an Tausenden
Studienblättern studiert und vielfach erprobt... "
Max Ackermann:
Verstreute Schriften, Frankfurt 1972, S.29.
SPÄTE WERKE
"Der Schlußstein
muß vollendet sein ...lch muß der Kunst voller Würde
ein Finale setzen.. . Meine Rompastelle, die ich in der Villa Massimo
in großer Zahl fertigte, sind der Anfang meines Bilderzyklus: Überbrückte
Kontinente und Hymnen an die Freude. Meine Zukunft ist ausgerichtet.
Max Ackermann Unveröffentlichtes
Tagebuch, 1964
"Vietnam ist ein Prüfstein. Ich bin alt und lege meine Hände
in den Schoß, )Du Schwarzseher( nennt man mich seit August 1914.
Die schwarze Farbe reicht nicht aus, um diese schwarzen Mächte alle
zu gestalten. Warum mußte ich Recht behalten?... ""Edel
sei der Mensch, hilfreich und gut(. Könnte man um diese Worte nicht
einen Tempel bauen?... "
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1965
"Neue Hymnen entstehen, der Kugelschreiber rast über glattes
Papier... "Die Musik stand Modell.. . daraus entstand wie von selbst
das Thema: Weltallinnenraum."
Max Ackermann Unveröffentlichtes
Tagebuch 1965 und Undatiertes Tagebuch
"Die Hymnischer Säule soll aus der Fläche herauswachsen
und nicht "Draufgesetzt" sein, also nicht Hintergrund und Vordergrund.
Die hymnische Säule als Klangsäule, hoheitsvoll und verhalten."
Max Ackermann:
Unveröffentlichtes Tagebuch 1965
"Ich gelangte in meinem Zeichnungstagebuch vom Naturalismus über
soziale Anklage und technische Ratio zum Zeitlosen im Dienst eines göttlichen
Weltbildes. Hier stellte ich in Demut meine Kräfte in den Dienst
einer Weltordnung. So führe auch ich die Schöpfung weiter, so
forme ich am Weltgebäude . .. "
Max Ackermann Unveröffentlichtes
Tagebuch, undatiert
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